Noch immer werden Plätz- und Fegestellen von vielen Jägern dazu genutzt, ihre Verursacher hinsichtlich ihres Alters und ihrer Stärke einzuordnen. Doch auch hier ist – wie so oft – der Wunsch der Vater des Gedankens. Lassen Sie sich also nicht blenden, denn der jagdpraktische Nutzen dieser Hinterlassenschaften tendiert gen Null.
Beim Plätzen und Fegen folgen die Rehböcke genetisch fixierten Verhaltensmustern. Beides ist ihnen „angewölft“. Doch sind es eben nicht nur die Revierinhaber sondern auch die so genannten Underdogs, die sich diesbezüglich bemerkbar machen. Wer von uns hat nicht selbst schon zum Beispiel einen Jährlingsspießer im Territorium eines älteren Bockes plätzen und auf Teufel komm raus fegen sehen, um bei der nächsten Begegnung mit dem „Chef“ in hoher Flucht das Feld zu räumen. Über die Fegestellen können wir folglich die Anwesenheit mindestens(!) eines Bockes bestätigen. Mehr aber auch leider nicht… Denn einerseits sind die Markierungsstellen nicht nur auf die Grenzen beschränkt, sondern im gesamten Territorium verteilt zu finden, andererseits fegen – wie bereits erwähnt – eben auch Jährlinge und nicht territoriale ältere Böcke in den Revieren der Platzböcke.
Noch immer wird überdies häufig die Meinung vertreten, dass alte und starke Böcke auch stärkere Stämme befegen. So schreibt auch Dr. Walter Kerschagl in seiner 1952 erschienenen Rehwildkunde: „Meist nimmt ein starker Bock ein stärkeres Bäumchen an als ein schwacher.“ Weiterhin soll das Befegen stärkerer Stämme von der Auslage des Gehörnes abhängig sein. Beide Beobachtungen ließen sich in wildbiologischen Untersuchungen jedoch nicht bestätigen. An stärkeren Stämmen werden Fege- oder Schlagspuren darüber hinaus erst bei genauem Hinsehen und häufig nur in Form von wenigen Kratzspuren sichtbar.
Fegen und Plätzen sind häufig zeitlich und räumlich unmittelbar miteinander verknüpft. Das Plätzen bezeichnet letztlich ein aggressives Verhalten, dass auch vorm beziehungsweise beim Kampf mit anderen Rehböcken gezeigt wird. Die Tatsache, dass Plätzstellen häufig direkt vor befegten Pflanzen zu finden sind, ist ein weiteres Indiz dafür, dass das Fegen – neben der Funktion des Markierens – im übertragenen Sinne auch mit einem Scheinkampf oder „Posing“ verglichen werden kann. Die Größe der Plätzstellen ist aber ebenso wie der Durchmesser der befegten Bäume oder Sträucher nicht mit dem Alter oder der Stärke des Rehbockes verknüpft, sondern eine Funktion der jeweiligen Situation und der herrschenden Aggressivität.
Alles in allem können wir aus den Plätz- und Fegestellen für die Bejagung der Rehböcke also relativ wenig bis gar keinen Nutzen ziehen. Mitunter gelingt es allerdings – wenn es mit dem Blatten nicht klappt – oder die Situation es nicht zulässt, selbst mit einem Stock oder den Stiefelspitzen entsprechend hörbar zu plätzen und so den Rehbock auf Schussentfernung heranzulocken. Weidmannsheil!