Klimawandel – neue Konkurrenz, Gewinner und Verlierer
In den Natur-News 12/2014 wurden die Folgen der Klimaerwärmung auf Zug-, Strich- und Standvögel dargelegt. Hier noch mal ein Link zur Erklärung. Dazu zählen u. a. die früheren Ankünfte von Zugvögeln im Frühjahr, ein früherer Beginn der Brutzeit, ein späterer herbstlicher Wegzug und eine Erweiterung oder Verschiebung bestimmter Brutareale gen Norden und Osten. Hinzu kommen schon jetzt deutlich spürbare Veränderungen im Rast- und Überwinterungsverhalten etlicher Arten.
Einerseits werden wir uns also über gänzlich neue Arten und einen möglichen Anstieg bisher sehr seltener Spezies freuen dürfen. Andererseits wird es auf kurz oder lang zu mehr oder minder weitgehenden Änderungen in den lebensraumspezifischen Artengefügen (Biozönosen) kommen. Es wird also auch hier Gewinner und Verlierer geben.
Denn eine immer frühere Ankunft und ein späterer Wegzug diverser mehrfach im Jahr brütender Arten ermöglicht es ihnen (mindestens!) eine Brut mehr pro Jahr zu realisieren. Dazu aber bedarf es eines entsprechenden Angebotes an Brutplätzen und Nahrung. Ebenso verhält es sich hinsichtlich des Nahrungsangebotes für ehedem ziehende Arten, die schon jetzt teilweise in den hiesigen Brutarealen überwintern und mittelfristig vielleicht überhaupt nicht mehr fortziehen werden. Denn steigende Wintertemperaturen gehen mit einem Rückgang der Zugneigung und der Zugaktivität und somit des Anteils von Zugvogelarten insgesamt einher. Andererseits bieten die milderen Winter bessere Überwinterungsbedingungen für angestammte Standvögel, was zu einer höheren Populationsdichte führt. Dadurch wiederum sind weniger anpassungsfähige Zugvogelarten einem größeren Konkurrenzdruck ausgesetzt. Immer mehr Arten treten also in Konkurrenz um Nahrung und/oder Brutplätze zueinander. Denn ein jeder will ein möglichst großes Stück des angebotenen Kuchens abbekommen. Anpassungsfähigere Arten werden also vom Klimawandel profitieren. Dies wohlgemerkt auf Kosten weniger anpassungsfähigerer und konkurrenzschwächerer Spezies.
Darüber hinaus gilt es, zwischen Kurz- und Langstreckenziehern unter den Zugvögeln zu unterscheiden. Bei Letzteren ist das Zugverhalten deutlich stärker genetisch fixiert als bei den Kurzstreckenziehern, die viel flexibler reagieren können und beispielsweise immer neue geeignete Überwinterungsgebiete nutzen werden. Die Langstreckenzieher dagegen können ihr Zugverhalten weit weniger und viel langsamer den sich ändernden Temperaturen und der Verschiebung der Jahreszeiten anpassen. Ihr Bruterfolg wird folglich geringer. Zu guter Letzt werden sich auch die Lebensräume und mit ihnen das jeweilige Angebot an geeigneter Nahrung und Brutmöglichkeiten verändern.
Insgesamt steht zu befürchten, dass es unter dem Strich mehr Verlierer als Gewinner unter der Vogelwelt im Zuge des Klimawandels geben wird. Steigenden Populationsdichten der Profiteure werden deutlich sinkende Zahlen der weniger anpassungsfähigen und hochspezialisierten Arten gegenüberstehen. Einige Arten werden auf kurz oder lang ganz verschwinden. Welche Arten davon in welchem Ausmaß betroffen sein werden, bleibt abzuwarten.